Derivat kommt vom lateinischen „derivare“ und bedeutet „ableiten“. Dies ist eine recht passende Bezeichnung, da es treffend beschreibt, was Derivate sind. Der Preis eines Derivats leitet sich etwa von Rohstoffen, Indizes, Währungen, Aktienkursen oder Kennzahlen ab, es handelt sich also um ein Finanzprodukt.
Bei Derivaten kann man dabei, anders als bei klassischen Wertpapieren, auch von fallenden Kursen profitieren, da man auf die Kursentwicklung spekuliert.
Das Konzept des Derivats, in Form sogenannter Terminkontrakte, ist schon mehrere tausend Jahre alt.
Es gibt verschiedene Arten von Derivaten, eine davon sind die sogenannten Optionen, auch Termingeschäfte genannt.
Hier kauft man das Recht auf einen Basiswert zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Zukunft zum Preis, den der Basiswert zu diesem Zeitpunkt haben wird.
Mit einem Optionsschein verpflichtet man sich nicht zum Kauf, sondern hält sich lediglich die Option offen.
Dies ist bei Futures anders. Hier verpflichtet man sich nämlich, im Gegensatz zu einer Option, zu einem Kauf.
Futures ermöglichen es, auf einen Basiswert wie Rohstoffe, Aktien oder Indizes zu wetten. Ist man mit dem Kauf doch nicht zufrieden, so kann man sein Future immerhin noch weiterverkaufen – im Fachjargon auch „Glattstellen der Position“ genannt.
Zertifikate werden im Gegensatz zu Futures und Optionen von einer Bank ausgegeben. Man geht also ein sogenanntes Emittentenrisiko ein.
Ansonsten ähnelt das Prinzip der Zertifikate sehr den Futures und Optionen, da man auch hier auf die zukünftige Entwicklung der Basiswerte von Rohstoffen, Aktien oder Indizes wettet. Zertifikate bündeln dabei aber meist mehrere Futures zu einem Paket.
Ein Swap ist wiederum ein Tauschgeschäft zwischen zwei Parteien. Es werden etwa Zinssätze, Verbindlichkeiten oder Währungen getauscht.
Eine Bank kann hierbei eine Vermittlerrolle einnehmen.
CFDs (Contracts for Difference; auf Deutsch Differenzkontrakte), sind außerbörslich gehandelte, bei CFD-Brokern zu erwerbende Derivate.
Hierbei wettet man auf die Kursentwicklung und gegen den CFD-Broker.
Setzt man als Investor also auf das Sinken eines Rohstoffwertes, dann erhält man, falls dieser wirklich sinkt, die Differenz zwischen dem Ausgangskurs und dem tatsächlich eingetretenen Kurs.
Man kann mit Derivaten auf sogenannte Basiswerte wetten. Basiswerte sind etwa Wertpapiere wie Aktien, Indizes oder Anleihen, Devisen wie Kryptowährungen und klassische Währungen sowie Rohstoffe und Handelsgüter wie Kaffee, Öl, Weizen, Gold und andere Edelmetalle.
Im Prinzip funktioniert der Handel mit Derivaten wie eine Wette. Wenn man richtig liegt, gewinnt man, liegt man daneben, verliert man. Je nachdem in was für eine Art von Derivat man investiert, desto höher oder niedriger ist das involvierte Risiko. Derivate kann man also zur Spekulation oder zur Wertabsicherung nutzen.
Besitzt ein Investor einen Rohstoff oder ein Wertpapier nicht selbst, kann man Derivate zur Spekulation nutzen.
So kann man etwa eine Wertsteigerung eines Rohstoffes mit einem sogenannten Hebel ausstatten, der die Wertsteigerung für den Investor noch profitabler als ohnehin schon macht.
Auch aus Wertverlusten kann man so noch einen Gewinn herausschlagen.
Ein Investor möchte auf den Preis von Weizen wetten. Hierzu kann er sich nun ein Derivat kaufen.
Setzt der Investor auf einen steigenden Weizenkurs, dann nennt man dies „Long“, „Call“ oder „Bull“.
Setzt er auf einen fallenden Weizenkurs, nennt man dies „Short“.
Beginnen wir mit einem Beispiel, in dem sich der Investor für einen Hebel von x1 entscheidet und ein Long-Derivat im Wert von 100 Euro bei einem Weizenkurs von 500 Euro kauft.
Steigt der Weizenkurs nun um 10 % auf 550 Euro, so steigt der Wert des Derivats auf 110 Euro und wächst somit ebenfalls um 10 %.
Hätte sich der Investor hingegen für einen Hebel von x20 entschieden, so hätte sich der Wert seines Derivats auf 300 Euro verdreifacht.
Wäre der Weizenkurs dagegen um 10 % gesunken, dann hätte der Investor bei einem Hebel von x20 dementsprechende 200 % Verlust gemacht.
Ein Hebel kann für den Investor also hohe Gewinne oder dramatische Verluste bedeuten.
In der Realität muss man zudem noch zusätzliche Faktoren wie Gebühren und Sicherheitsrücklagen beachten.
Spekulation mit Derivaten ist mit Risiko verbunden. Investoren können Derivate aber alternativ auch zur Absicherung von Risiken nutzen. Dies wird im Fachjargon auch „Hedging“ genannt.
Mit Futures und Optionsscheinen kann man sich einen bestimmten Preis für einen Rohstoff oder ein Wertpapier, etwa für Reis, zu einem späteren Zeitpunkt sichern.
Ein weiteres Beispiel:
Ein Reisbauer hat den Verdacht, dass der Reiskurs gegen Jahresende sinken wird. Dennoch würde er gerne weiter den derzeitigen Preis von 400 Euro pro Tonne erhalten.
Er kann sich also ein Future kaufen, das den Preis seines Reis an einem Termin am Jahresende auf 400 Euro pro Tonne festlegt.
Das Gegenüber des Reisbauern ist eine Fabrik, die Reiscracker herstellt.
Diese befürchtet nämlich, am Jahresende deutlich mehr für ihren Reis bezahlen zu müssen. Daher entscheidet sie sich dafür, dem Reisbauern am Jahresende den festen Preis von 400 Euro pro Tonne zu bezahlen.
Fällt der Preis nun zum Jahresende, hat der Bauer einen guten Deal gemacht.
Steigt der Preis, ärgert sich dagegen der Reisbauer und die Reiscracker-Fabrik freut sich über ein Schnäppchen.
Im realen Leben tätigt man solche risikominimierenden Käufe andauernd. Dies geschieht etwa beim Kauf eines Flugtickets nach Australien.
Tickets für Langstreckenflüge sind bekannt dafür, teurer zu werden, je näher das Abflugdatum rückt.
Manchmal kann man aber auch ein Last-Minute-Schnäppchen schießen.
Entscheidet man sich nun dafür, das Ticket schon mehrere Monate im Voraus zu kaufen, wettet man sozusagen auf das Risiko eines steigenden Ticketpreises und hofft, ein Schnäppchen gemacht zu haben.
Auch international handelnde Unternehmen nutzen Derivate auf Devisen, um sich vor Währungsschwankungen zu schützen.
Kauft ein deutsches Unternehmen etwa Zutaten für Pharmazeutika in Indien, kann es, bei geschöpftem Verdacht, auf einen steigenden Kurs der indischen Rupie im Vergleich zum Euro setzen, um die dementsprechend steigenden Preise und Kosten abzufedern.
Auf dem Derivatemarkt wird zwischen bedingten und unbedingten Derivaten unterschieden.
Unbedingte Derivate müssen ausgeführt werden.
Sichert sich der Reiscracker-Fabrikant aus obigem Beispiels etwa ein Future auf den Preis von 400 Euro pro Tonne zum 31.12., dann muss er dieses auch wahrnehmen.
Es gibt keine Möglichkeit für ihn, noch aus dem Geschäft auszusteigen, selbst dann nicht, wenn der reale Reiskurs nur 10 Euro pro Tonne betragen würde.
Ein weiteres Beispiel ist ein Swap zwischen zwei Unternehmen. Unternehmen U1 hat einen Kredit mit einem fixen Zinssatz von 4 % über ein Jahr aufgenommen.
Unternehmen U2 dagegen hat einen variablen Zinssatz, also einen Zinssatz, der steigen oder fallen kann.
Da Unternehmen U2 sich sicher ist, dass der Zinssatz steigen wird und es somit mehr bezahlen muss, hätte es gerne einen fixen Zinssatz.
Unternehmen U1 glaubt glücklicherweise daran, dass der Zinssatz sinken wird. Daher kommt es zum Swap zwischen den beiden Unternehmen.
Sie tauschen ihre Zinssätze aus. Hierbei handelt es sich um ein unbedingtes Derivat, da sich keine der beiden Parteien von diesem Geschäft zurückziehen kann.
Im Gegensatz zu unbedingten Derivaten kann man aus bedingten Derivaten aussteigen.
Hat sich die Reiscracker-Fabrik aus obigem Beispiel also statt einem Future eine Option gesichert, kann sie bei einem fallenden Reiskurs die Option ganz einfach verfallen lassen.
Dafür muss sie aber schon zu Beginn des Handels eine Optionsprämie an den Reisbauern zahlen.
Derivate bringen in der Regel viele Modalitäten, Bedingungen und Klauseln mit sich, die für Laien oftmals nur schwer durchschaubar sind.
So kann etwa die Gewinn- und Verlustbeteiligung unterschiedlich strukturiert sein, zudem können bei Zertifikaten bestimmte Forderungen des Emittenten enthalten sein.
Manchmal muss ein Pfand hinterlegt werden, in anderen Fällen nicht. Welche Risiken gibt es also bei Derivategeschäften?
Selbstverständlich verdienen auch Emittenten von Derivaten, etwa Broker oder Banken, an ebendiesem Geld.
Dies geschieht etwa durch einen großen Spread zwischen dem An- und dem Verkaufspreis eines Derivats, was es schwieriger macht, einen Abnehmer zu finden.
Zudem fällt speziell bei Optionsscheinen eine sogenannte Optionsprämie an, die der Käufer für die Option auf einen Ausstieg aus dem Termingeschäft bezahlen muss.
Besonders mit Hebelwirkungen kann man extrem viel Geld verlieren. Mit diesen riskanten Geschäften kann man mehr verlieren, als man anfangs eingesetzt hat.
Beim normalen Aktienhandel kann man maximal 100 % des anfänglichen Einsatzes verlieren, bei Derivaten mit Hebelwirkung deutlich mehr.
Sogenannte Rollverluste entstehen dann, wenn futurebasierte Zertifikate eine lange Laufzeit haben.
In einem solchen Fall werden alte gegen neue Kontrakte eingetauscht, was in einigen Fällen mit Kosten für den Anleger einhergeht.
Ein Anleger geht ein sogenanntes Emittentenrisiko ein, da Banken pleitegehen können.
Das Kapital der Bank kann dann mit in die Insolvenzmasse einfließen.
Dies hat zur Folge, dass Zertifikat-Investoren ihr Geld verlieren. In der Finanzkrise 2008/2009 hat dieses Schicksal viele Investoren ereilt.
Der gesamte, weltweite Derivatemarkt wird mittlerweile auf über 600 Billionen US-Dollar beziffert. Derivate haben den Ruf, hauptsächlich als Spekulationsobjekte zu dienen und keine realen Werte widerzuspiegeln.
Besonders beim Handel mit Rohstoffen kann dies negative Folgen in der realen Welt nach sich ziehen.
Schwillt etwa der Preis von Weizen durch Eingriffe in den Markt künstlich an, kann dies zu einer Verteuerung von Brot und anderen grundlegenden Nahrungsmitteln und dadurch zu Hungerkrisen in besonders armen Ländern führen.
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